Der Lange Stein

Der „Lange Stein“ in Saulheim –

Größter Menhir in Rheinhessen und kulturhistorisches Denkmal

 

 

Er ist ein Monolith von 3,7 m Höhe. Damit ist er der größte Menhir Rheinhessens. Er dürfte das bedeutendste und älteste noch sichtbare Denkmal aus der Jungsteinzeit (5600v.Chr – 2200v.Chr.) Rheinhessens sein und auch eines der eindrucksvollsten Deutschlands. Der „Lange Stein“ besteht aus Rhyolith, der wahrscheinlich vom Donnersberg stammt und vermutlich mit Baumstammrollen transportiert wurde. Der Überlieferung nach stand vor dem „Langen Stein“ bis 1880 ein niedrigerer Stein mit einer Vertiefung.

Rund um den „Langen Stein“ gibt es Siedlungs- und Begräbnisspuren aus der Jungsteinzeit, der Eisenzeit und der römischen Zeit, die die bewegte Geschichte des Langen Steines dokumentieren. 1895 wurden beim Straßenbau Siedlungsreste aus der Hallstattzeit und Latènezeit gefunden. 1980 fand man beim Autobahnbau in unmittelbarer Nähe Siedlungsspuren aus der Latènezeit. 

 

Weitere Menhire in Rheinhessen gibt es in Alzey Dautenheim, Armsheim, Dexheim, Dittelsheim Hessloch, Essenheim, Flonheim, Gumbsheim, Monsheim, Ingelheim, Nackenheim, Nierstein, Selzen.

Grafik © C. Landgraf

 

 

 

 

 

 

Herleitung und Deutung von Menhiren

» Menhir« kommt aus der bretonischen Sprache und bedeutet Maen (Stein) und hir (lang), bekannt auch als Hinkelstein, Hühnenstein, Hünenstein. Ein Menhir ist ein vorgeschichtlicher, von Menschen der Jungsteinzeit aufgerichteter, meist nicht figürlicher Monolith (ein einzelner Stein).

Megalithsteine oder -bauten gibt es in Europa (Stonehenge, Carnac), aber auch auf anderen Kontinenten. Man vermutet heute keine Werke eines einzigen Megalithvolkes, sondern lediglich einen religiösen Hintergrund, der an Ackerbaukulturen als Träger gebunden war. Die Menschen der Jungsteinzeit waren eine Gesellschaft ohne Schrift, deshalb kann man die Bedeutung nur vermuten. Die Steinsäulen waren wahrscheinlich eine Kult- und Opferstätte. Es gibt die Deutung als Ersatzleib des Ahnen in unvergänglichem Stein, dessen Dauerhaftigkeit der Ahnenseele den ewigen Fortbestand sichern soll. Im Laufe der Zeit hatten die Menhire viele Funktionen als Ahnengrab, Opferstein, Versammlungsort, Gerichtsstein, Grenz- und Wegmarkierung.

Christianisierung einer heidnischen Kultstätte

Seit der Spätantike wurde mit der Christianisierung des Landes der Vollzug heidnischer Bräuche an Menhiren ausdrücklich verboten. Im 8. Jahrhundert mahnten Mönche, Steinen keine Gebete und Gelübde darzubringen. Bischof Burchard von Worms (11. Jahrhundert) ließ in der Beichte fragen, ob die Gläubigen an den Steinen Kerzen oder Fackeln zur Verehrung entzündet hätten oder ob man Opfergaben hingelegt und um etwas für Leib und Seele erbeten habe. Am „Langen Stein“ meißelte man eine Kielbogennische ein, die der Spätgotik (15./16. Jahrhundert) zuzuordnen ist. Früher war vermutlich eine Heiligenfigur darin, heute enthält sie ein neuzeitliches Marienbild.

Vom Spätmittelalter bis zur Neuzeit

Erste schriftliche Hinweise auf den „Langen Stein“ finden sich in einer Urkunde des Jahres 1274. Es wird von einem Ladding, einer mittelalterlichen Gerichtsstätte berichtet. Unweit vom „Langen Stein“ lag die mittelalterliche Richtstätte. Die Gewann trägt auch heute noch den Flurnamen »Am Galgen«.

Sicherlich war der „Lange Stein“ in allen Zeiten ein gut zu sehender Orientierungspunkt. Bereits 1574 wird er in einem Dokument erwähnt: »Dem Kurmainzerischen Amt Olm oblag der Begleitschutz von Mainz durch Nieder-Olm bis zum „Langen Stein“ bei Nieder-Saulheim«. Zwischen Mainz und Alzey verlief direkt am „Langen Stein“ vorbei eine römische Straße, die später unter Napoleon Kaiserstraße oder Pariser Straße genannt wurde und heute die L401 ist. Parallel dazu verläuft die Autobahn.

1883 vermutete der letzte Besitzer Johann Köster einen Schatz unter dem Stein und grub ihn frei. Der umstürzende Stein erschlug zwei junge Burschen. 1886 wurde das Denkmal wieder aufgerichtet und unter Schutz gestellt.

Sagen und Schatzgeschichten

Wegen ihres geheimnisvollen Charakters haben Menhire bis heutig die Phantasie der Menschen angeregt. Es ranken sich auch um den „Langen Stein“ viele Sagen vom Teufel

und den Menschen und Geschichten von versteckten Schätzen.

Die Sagen sind hier abrufbar. Sagenhafter Langer Stein

Auf den Spuren der Menschheitsgeschichte

5600 v. – 2200 v. Chr. | Jungsteinzeit

Vermutliche Errichtung des Langen Steins, Funde Siedlungsreste

800 v.– 450 v. Chr. | Hallstattzeit – ältere Eisenzeit

Funde Siedlungsreste

450 v. – 50 v. Chr. | Latènezeit – jüngere Eisenzeit

Grabfunde in unmittelbarer Nähe

50 v. – 450 n. Chr. | Römerzeit

Römische Funde

1250 n.– 1500 n. Chr. | Spätmittelalter

Gerichtsstätte, Gewann »Am Galgen«, Einmeißelung der Kielbogennische

1886 n. Chr. | Neuzeit

Der Lange Stein wird unter Denkmalschutz gestellt

Verantwortlich: Dorfverein Saulheim e.V.

Mit freundlicher Unterstützung durch Peter Haupt vom Institut für Altertumswissenschaften,

Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Mit vielem Dank für die grafische Gestaltung des Schildes am „Langen Stein“