Die katholische Bartholomäus-Kirche in Nieder-Saulheim

Die katholische Bartholomäus-Kirche in Nieder-Saulheim

im Jahre 1612 besuchte der Mainzer Domvikar Georg Hellwich die Kirche in Nieder-Saulheim, um dort die Inschriften auf den Grabmälern der adeligen Ganerben aufzuzeichnen. Hellwich spricht von der „Jakobus-Kirche“. Offensichtlich war der Pilgerheilige neben dem Apostel Bartholomäus der zweite Kirchenpatron. Noch heute stehen an den Wänden der Kirche die aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammenden lebensgroßen, holzgeschnitzten und farbig gefassten Statuen beider Heiliger. Sie sind neben einigen „Vasa sacra“ (Kelch, Monstranz) und der Mitte des 19. Jahrhunderts nach Sprendlingen verkauften barocken Stumm-Orgel von 1750 die einzigen noch erhaltenen Zeugnisse des Inventars der alten Simultankirche. Der Heilige Bartholomäus trägt über dem rechten Arm seine Haut, die ihm angeblich bei lebendigem Leibe abgezogen wurde. Das Instrument seines Martyriums, das Messer, machte ihn zum Patron der Winzer, deren wichtigstes Arbeitsgerät das Rebmesser (Hippe, Sesel) war. Der Heilige Jakobus ist wie üblich im Pilgerkleid mit Stab, Pilgerflasche und Jakobsmuschel dargestellt. Die Gesten der beiden Apostel deuteten wohl ursprünglich auf den (verschwundene) Hochaltar, der einst den Chor der Simultankirche schmückte und wahrscheinlich Maria mit dem Gottessohn zeigte.
Der Entwurf der heutigen Kirche von 1871/73 stammt von Josef Wessicken (1837-1918), seit 1865 Mainzer Dombaumeister. Der gebürtige Salzburger war zuvor in Wien Mitarbeiter des Dombaumeisters Friedrich von Schmidt, dem Vater des Architekten der evangelischen Nieder-Saulheimer Kirche. Er gab sein Amt bereits 1873 auf und ging nach Österreich zurück, wo er als pensionierter k. k. Oberbaurat starb. „Bauherr“ war der Dekan und Geistliche Rat Johannes Motz (1796-1876), seit 1827 Seelsorger in Nieder-Saulheim. Motz hatte auf dem ersten Deutschen Katholikentag 1848 in Mainz zusammen mit den Ökonomen Thörle und Fölix Nieder Saulheim vertreten. Sein Grabstein an der südlichen Außenwand und ein Denkmal im südlichen Querhaus erinnern an ihn.
Wie fast alle Kirchenbauten Wessickens ist auch die St. Bartholomäuskirche im neugotischen Stil erbaut, auf kreuzförmigem Grundriss als einschiffiger Saal mit wenig ausladenden Querhausarmen, einem dreiseitig geschlossenen gewölbten Chor und einem mäßig hohen Turm über der Nordwestecke. Die ursprüngliche aufwendige Ausstattung mit Wandgemälden, drei geschnitzten Altaraufsätzen, Ölbildern, Kreuzwegstationen, Kanzel und prächtig gezimmertem Gebälk des offenen Dachstuhls ist 1955, also noch vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil, entfernt worden. Lediglich die Figuren der Muttergottes und des Heiligen Antonius von Padua aus den Seitenaltären, letztere geschnitzt von dem an der Münchner Akademie ausgebildeten Saulheimer Bildhauer Anton Fölix, sind noch vorhanden. Erhalten sind auch die von Saulheimer Familien 1905/06 gestifteten figürlichen Fenster in einer Mischung aus Jugendstil und Historismus mit den Darstellungen des Erzengels Michael, der Madonna und der Heiligen Joseph, Antonius und Cäcilia; 1981 kam das stilistisch angepasste Fenster mit der heiligen Elisabeth hinzu. Zur neuen Ausstattung zählen das Auferstehungsfenster im Chor vom Mainzer Meistermann-Schüler Alois Plum (1957), die Pieta in der Marien-Gedächtniskapelle von Peter Paul Etz (1969) und die Glöckel-Orgel (1999). Der leergeräumte Altarraum wurde 1980 mit einem aus Köngernheim übernommenen neugotischen er Schnitzaltar mit Reliefs der Emmaus-Szene und des Opfers Melchisedechs wieder angemessen ausgestattet.
Ein Kirchenführer ist im Pfarrhaus erhältlich